Kyrokonservierung | Fertiliätserhalt
Fortpflanzungsfähigkeit erhalten: Krebserkrankungen, aber auch gutartige Erkrankungen (z.B. Sichelzellanämie) und ihre Therapie sowie Hormonbehandlungen bei Transidentität können die männliche Fruchtbarkeit dauerhaft einschränken. Dieser Verlust ist besonders für junge Patienten eine sehr einschneidende Folge ihrer Erkrankung und Therapie, zumal viele bösartige Erkrankungen aktuell gut zu stabilisieren und oftmals langfristig zu heilen sind. Um die Fruchtbarkeit zu schützen, gibt es einige Maßnahmen, die unser Team der Andrologie ergreifen kann:
Einfrieren von Spermien
Für Männer oder Transpersonen mit bei Geburt zugewiesenem männlichen Geschlecht im zeugungsfähigen Alter ist das Einfrieren von Spermien (Kyrokonservierung) heute eine anerkannte Maßnahme. Die kryokonservierten Spermien können später in einer Kinderwunschbehandlung mithilfe einer künstlichen Befruchtung Verwendung finden. Das Einfrieren (Kryokonservierung) einer Samenprobe vor einer geplanten Behandlung sichert die Möglichkeit, einen späteren Kinderwunsch zu erfüllen. Auch Hodengewebe kann dauerhaft eingefroren werden. Mit den Spermien aus dem Gewebe kann später eine Kinderwunschbehandlung durchgeführt werden, falls sich im Ejakulat keine Spermien nachweisen lassen.
Wer übernimmt die Kosten?
Das Einfrieren von Samenzellen (Spermien) gehört seit dem 01.07.2021 in bestimmten Fällen zu den Regelleistungen der gesetzlichen Krankenversicherungen. Die Voraussetzung hierfür ist die geplante Durchführung einer keimzellschädigenden Therapie (zum Beispiel die Entfernung eines Hodens oder die Durchführung einer Chemotherapie).
Damit die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, benötigen Sie eine Bescheinigung, die die Notwendigkeit dokumentiert. Diese Bescheinigung können Sie hier herunterladen. Die Bescheinigung muss von Ihrem behandelnden Arzt, z.B. Ihrem Onkologen ausgefüllt werden. Bringen Sie diese Bescheinigung zur Kryokonservierung bitte mit. Die Möglichkeit einer Kostenübernahme der Kryokonservierung bei Transpersonen ist bisher nicht eindeutig geklärt. Hier finden Sie eine Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Andrologie zu einem wegweisenden Urteil zum Anspruch auf Kryokonservierung von Keimzellen bei Transpersonen.
Wie lange können Spermien eingefroren werden?
Durch die Lagerung bleiben die Proben nahezu unbegrenzt haltbar. Untersuchungen haben gezeigt, dass Lagerungszeiten von bis zu 30 Jahren keinen Einfluss auf die Qualität der Spermien haben.
Bestehen genetische Risiken, mit eingefrorenen Spermien ein Kind zu zeugen?
Bisher ergaben sich keine Hinweise, dass durch die Verwendung der kryokonservierten Spermien ein erhöhtes genetisches Risiko besteht, ein behindertes Kind zu bekommen. Die Risiken sind vergleichbar mit denen der natürlichen Zeugung.
Wie funktioniert die Kryokonservierung?
Das Wort „Kryo“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „kalt, gefroren“. Bei dem Verfahren werden das Ejakulat mit den Spermien oder das Hodengewebe in einem Depot mit flüssigem Stickstoffdampf bei -170°C eingelagert. Die Lagerung Ihres Kryo-Depots erfolgt unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Die Unverwechselbarkeit der Proben ist gewährleistet.
Wie läuft die Kryokonservierung ab?
In einem ausführlichen Gespräch werden wir Sie über die Kryokonservierung informieren. Anschließend erfolgen eine körperliche Untersuchung, eine Ultraschalluntersuchung der Hoden und eine Blutentnahme zur Bestimmung der männlichen Hormone. Diese Voruntersuchungen sind sehr wichtig, damit die spätere Erholungsfähigkeit der Hodenfunktion beurteilt werden kann. Für die Kryokonservierung des Ejakulates müssen Sie eine oder mehrere Samenproben abgeben. Die Samenprobe wird auf ihre Qualität untersucht, mit einem Gefrierschutzstoff versehen und eingefroren. Für den Fall, dass in der Samenprobe keine Spermien gefunden werden, besteht die grundsätzliche Möglichkeit der Gewinnung von Hodengewebe (testikuläre Spermienextraktion = TESE in mikrochirurgischer Technik) im Rahmen einer ambulanten Operation, welche ebenfalls in unserem Centrum durchgeführt werden kann. Direkt nach der Operation wird das Gewebe auf Spermien untersucht und kryokonserviert.
Kryokonservierung – und dann?
Wir empfehlen die Untersuchung einer frischen Samenprobe erstmals ca. 12 Monate nach Abschluss einer Krebstherapie. Sollte sich dann erneut eine stabile und ausreichende Spermienproduktion zeigen, kann das Depot aufgelöst werden. Eine Vorhersage, ob eine anstehende Krebstherapie dauerhaft die Spermienbildung zerstört, kann leider nicht gegeben werden. Manchmal dauert die Erholung der Hodenfunktion viele Jahre, manchmal bleibt sie ganz aus. Umso wichtiger ist die Vorsorge im Sinne der Kryokonservierung. Die eingefrorenen Spermien können dann später für eine künstliche Befruchtung (medizinisch-assistierte Reproduktion, MAR) verwendet werden.
Kryokonservierung von Stammzellen aus dem Hoden
Leider sind auch Kinder von bösartigen Erkrankungen betroffen. Eine Krebstherapie sichert in der Regel das langfristige Überleben, jedoch muss im Erwachsenenalter oftmals eine Unfruchtbarkeit als Folge der Behandlungen festgestellt werden. Erste wissenschaftliche Studien zeigen, dass es sinnvoll sein kann, bei diesen Kindern Hodengewebsproben vor der Krebstherapie zu entnehmen, damit sich in Zukunft mit Stammzellen aus dem Gewebe ein eigener Kinderwunsch verwirklichen lässt. Wir bieten Ihnen gerne ein ausführliches Gespräch zu diesen Fragen an.
Androprotect | Schutz der Fruchtbarkeit bei Jungen
Androprotect ist ein Netzwerk von Ärzten verschiedener Fachrichtungen und Biologen, das 2012 in unserem Centrum gegründet wurde und sich für die Entwicklung von Methoden zum Erhalt der männlichen Fruchtbarkeit (Fertilität) bei Jungen vor der Pubertät einsetzt. Beim vorpubertären Jungen ist die Kryokonservierung von Spermien nicht durchführbar, da die Spermienbildung erst mit der Pubertät beginnt. Im Rahmen von Androprotect kann diesen Jungen angeboten werden, Hodengewebe zu entnehmen, um es zu kryokonservieren (einzufrieren). Später soll dann versucht werden, aus den Spermien-Stammzellen des Hodens Spermien zu entwickeln.
Welche Therapien können die Fruchtbarkeit eines Jungen schädigen?
Sowohl bösartige als auch gutartige Erkrankungen und deren Therapien können die Fruchtbarkeit eines Jungen dauerhaft einschränken.
- Onkologische Behandlungen bei
- Leukämien
- Lymphomerkrankungen
- Ewing-Sarkomen, Osteosarkomen, Rhabdomyosarkomen
- Nephroblastomen etc.
- Knochenmark- oder Stammzelltransplantationen bei bösartigen Erkrankungen, aber auch bei gutartigen Bluterkrankungen
- Sichelzellanämie
- Thalassämie
- angeborene Immundefekte
- angeborene Anämien
- Hormonbehandlungen
- gegengeschlechtliche Therapie bei Transidentität (male to female)
Androprotect - wie läuft es ab?
Die Entnahme des Hodengewebes findet in einer kurzen Vollnarkose statt und sollte in der Regel mit anderen notwendigen Maßnahmen kombiniert werden (z. B. Knochenmarkspunktion, Portimplantation etc.). In der Regel informieren uns die behandelnden Ärzte über eine anstehende Therapie. Wir führen dann ein sorgfältiges Gespräch mit der Familie und informieren über Androprotect. In Absprache mit den Kollegen wird danach der Eingriff geplant.
Hodengewebe ist gesichert - und dann?
Das kryokonservierte Hodengewebe wird sorgfältig untersucht und für den Jungen aufbewahrt. Mit einem kleinen Teil des Gewebes finden wissenschaftliche Untersuchungen statt. Ziel dieser Arbeiten ist es, aus den Stammzellen des Hodens reife Spermien zu generieren. Diese Spermien sollen dann in Zukunft den Kinderwunsch erfüllen.
Zwar ist aktuell die Reifung von Spermien aus Stammzellen im Labor oder durch Gewebe- oder Zelltransplantation beim Menschen noch nicht gelungen, doch die Forschung läuft auf Hochtouren und ist sehr vielversprechend. Somit ist der Ansatz von Androprotect aktuell noch experimentell, weil den Jungen und ihren Familien noch keine Erfolgsgarantie gegeben werden kann. Aber die nötigen Forschungsarbeiten müssen jetzt erfolgen, um in einigen Jahren den jetzt betroffenen Jungen helfen zu können.
Ihr Kontakt zu uns
Patientensekretariat & Terminvergabe
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info-andrologie@ukmuenster.de
Mo-Do: 7.30-15.30 Uhr
Fr: 7.30-13.30 Uhr
Privatambulanz für Männergesundheit
+49 251 83-54812/+49 251 83-56095
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info-andrologie@ukmuenster.de
Unsere Expert*innen für den Bereich Kyrokonservierung
Prof. Dr. med. Sabine Kliesch
Klinikdirektorin Andrologie
Fachärztin für Urologie, Andrologie, medikamentöse Tumortherapie
Dr. med. Claudia Krallmann
Oberärztin für Andrologie
Fachärztin für Urologie, Andrologie und Allgemeinmedizin