Explosionstraumata und Verbrennungen: Warnung vor Augenverletzungen durch Feuerwerk
Der Jahreswechsel naht und mit ihm die Frage, ob man private Feuerwerke veranstalten sollte oder lieber nicht. Morgen ist im Einzelhandel wieder Verkaufsstart von Feuerwerkskörpern aller Art. Dr. Sebastian Dierse, Assistenzarzt in der UKM-Augenklinik, positioniert sich deutlich: „Seit ich hier arbeite, rühre ich selbst kein Feuerwerk mehr an.“ Dierse hatte im vergangenen Jahr Dienst in der Ambulanz, als – nach der Feuerwerks-Zwangspause unter Corona – wieder deutlich mehr Patientinnen und Patienten mit Augenverletzungen in die Klinik kamen. | aw
Herr Dr. Dierse, Sie hatten zum Jahreswechsel 2022/23 Dienst, als sehr viele Menschen mit Augenverletzungen durch Feuerwerk in die Ambulanz gekommen sind. Was waren die typischen Verletzungsmuster?
Im Prinzip lassen sich Augenverletzungen durch Feuerwerk in drei Gruppe einteilen: Da sind zum einen die Verbrennungen der Wimpern und der Lider außerhalb des Auges, bei denen in der Regel zum Glück aber Kühlung und eine Salbe häufig ausreichen. Dann die große Gruppe der sogenannten „Schweißerverletzungen“, das sind vor allem Verletzungen oder Verblitzungen der Hornhaut, die dadurch oberflächlich beschädigt wird. Das ist extrem schmerzhaft, weil in der Hornhaut die meisten Nerven sitzen. Trotzdem lassen sich kleinere Hornhautverletzungen noch relativ gut behandeln und heilen in der Regel rasch ab. Diese Verletzungen sehen wir relativ häufig an Silvester in Verbindung mit beispielsweise Tischfeuerwerk und Wunderkerzen.
Die größeren Verletzungen sind aber die echten Explosionstraumata, die die Struktur des Auges aufheben können. Dabei kommt es beispielsweise zu Perforationen der Hornhaut oder sogar zu Rupturen, also Rissen, des gesamten Augapfels. Hier besteht eine ernste Gefahr, am Ende einen Verlust der Sehkraft und des ganzen Auges zu erleiden. Gerade solche Fälle haben wir im letzten Jahr mehrere gesehen.
Welches Feuerwerk ist besonders gefährlich für die Augen?
Schon Funken von Tischfeuerwerk und vor allem Wunderkerzen können zu oberflächlichen Verletzungen in der Hornhaut führen, sind also nicht ungefährlich. Dass Böller nicht zu unterschätzen sind, versteht sich von selbst. Das gilt für legal erworbenes Feuerwerk, auf jeden Fall gilt es für die sogenannten „Polen-Böller“, die völlig unkontrolliert und mit unberechenbarer Sprengkraft explodieren können. Viele der Patientinnen und Patienten aus dem letzten Jahr haben beschrieben, dass auch ihr legal im Geschäft erworbenes Feuerwerk früher als erwartet in der Hand explodierte, nämlich direkt, als sie noch mit dem Gesicht über der Zündschnur waren. Eine Explosion in der Nähe des Kopfes kann eine enorme Druckkraft entfalten. Auch oft unterschätzt wird die Gefahr von Raketen, die aus leeren Flaschen angezündet werden. Wenn die Flasche umkippt, geht die Rakete mit großer Geschwindigkeit nach hinten los. Wenn sie in eine Menschenmenge fliegt, werden vollkommen Unbeteiligte verletzt. Wir haben hier einige gesehen, die Verletzungen hatten, für die sie selbst gar nichts konnten, sondern wo sie die geschädigten Dritten waren. Das sollte man aus der eigenen Verantwortung heraus bedenken.
Wie kann man im Umgang mit Feuerwerk denn Verletzungen vermeiden? Oder sollte man lieber gleich darauf verzichten?
Ich möchte hier nicht mit erhobenem Zeigefinger mahnen, denn auch ich schaue mir ein Feuerwerk natürlich gerne an und habe selbst jahrelang auch welches gekauft. Seit ich hier arbeite, hat sich meine Einstellung dazu verändert. Ich kaufe keines mehr und rühre es auch nicht mehr an. Gegen Feuerwerkskörper in der Hand von Profis ist nichts einzuwenden. Aber leider sind an Silvester viele unvorsichtig, da spielt auch das ein oder andere Glas Alkohol eine erhebliche Rolle. Alkohol verringert die eigene Urteilskraft und erhöht nachweislich die Risikobereitschaft. Man wird unvorsichtig und schätzt Situationen möglicherweise falsch ein. Umso dramatischer wird das, wenn die Verletzungen versehentlich andere erleiden. So kann aus einem eigentlich einmaligen Spaß im Jahr zu Silvester im Ernstfall eine lebenslange Beeinträchtigung werden.
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Anja Wengenroth
Pressesprecherin