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UKM-TORC: „Wir können die Qualität von Spenderorganen positiv beeinflussen“

Angesichts des eklatanten Mangels an Spenderorganen in Deutschland sehen sich Transplantationsmediziner und -medizinerinnen täglich vor Herausforderungen gestellt. Die Liste derjenigen, die auf ein lebensnotwendiges Organ warten, ist lang. Aber selbst wenn die erlösende Nachricht von einem passenden Spenderorgan kommt, bleibt es ein Wettlauf gegen die Zeit, die Qualität des Organs bis zur Transplantation aufrechtzuerhalten. Am UKM gibt es mit dem Transplant Organ Recovery Center – kurz TORC – ein neues Zentrum, das sich vor einer Transplantation intensiv um Spenderorgane kümmert – damit sie im Körper gut funktionieren. Die heute 27 Jahre alte Annalena Neubert hat davon profitiert. | aw

Annalena Neubert war erst 16 als durch einen Zufallsbefund ihr Leben schlagartig auf den Kopf gestellt wurde. Ihrem Hausarzt waren bei einer Routineuntersuchung unerklärlich hohe Leberwerte aufgefallen. Die weitere medizinische Abklärung erbrachte, dass die junge Frau unter einer primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) leidet, einer seltenen Autoimmunerkrankung, bei der das Lebergewebe zunehmend vernarbt und die zu einer schweren Leberzirrhose führt. „Die Lebenserwartung der Betroffenen ist limitiert, nur eine Lebertransplantation kann das Überleben nennenswert verlängern“, weiß Priv.-Doz. Dr. Philipp Houben, Bereichsleiter der Transplantationschirurgie in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie am UKM (Universitätsklinikum Münster). 

Nach langen Jahren auf der Transplantationswarteliste erhielt Annalena Neubert im Mai 2023 eine Spenderleber. Doch damit begann die bisher schwierigste Zeit ihres Lebens: Wegen einer Thrombose der Leberarterie – nach Aussage Houbens eine „Achillesferse“, wenn es um den Erfolg einer Lebertransplantation geht – musste sie sofort noch einmal operiert werden, um das Organ in seiner Funktion zu retten. Letztlich zog diese Komplikation eine chronische Entzündung der Gallengänge der Spenderleber nach sich. 

„Ich habe über Monate total abgenommen und wurde fast alle zwei Wochen mit Fieber wieder ins UKM eingeliefert. Es ging mir tatsächlich noch nie so schlecht“, 

so die Patientin. Schließlich blieb keine andere Wahl, als sie wieder auf die Transplantationsliste zu setzen und auf ein neues Spenderorgan zu hoffen. „Das war nicht nur frustrierend zu sehen, sondern stellte uns auch vor erhebliche Schwierigkeiten. Aus chirurgischer Sicht ist eine zweite Transplantation deutlich schwieriger durchzuführen und dauert länger, weil das Gewebe bereits sehr vernarbt ist“, erinnert sich Houben. „Uns war klar, dass die zweite Transplantation dadurch sehr lange dauern würde.“ 

In solchen Fällen ist es besonders wichtig, dass ein Spenderorgan, wenn es einmal gefunden ist, konserviert wird, damit es in bestmöglichem Zustand transplantiert werden kann. Die sogenannte normotherme Perfusion sorgt für eine bessere Nährstoffzufuhr und Durchblutung, denn unter dem Sauerstoffmangel, dem ein Transplantat außerhalb eines Körpers ausgesetzt ist, würde es sehr schnell zugrunde gehen. 

Als für Annalena Neubert im August ein zweites Angebot einer passenden Leber kam, war diese bei Eintreffen im UKM bereits sieben Stunden ohne körpereigene Versorgung. Wir haben dann dieses Organ zehn Stunden mit einem unserer Organperfusionsverfahren unter physiologischen Bedingungen konserviert und dessen Funktionsfähigkeit überprüft.“. Schließlich konnten wir ein vitales Organ erfolgreich implantieren – dieses Mal ohne weitere Komplikationen“, erklärt Houben. 

Der Transplantationschirurg ist auch Leiter des neuen Zentrums für die Konservierung und den Funktionserhalt von zur Transplantation vorgesehenen Organen: Das UKM-TORC kann mit vier zentrumseigenen Perfusionsgeräten insgesamt sieben verschiedene Verfahren anbieten, die individuell auf die Bedürfnisse des Empfangenden ausgerichtet sind. „Wir können durch die Funktionsüberprüfung unter physiologischen Bedingungen während der Maschinenperfusion die Qualität von Spenderorganen positiv beeinflussen“, ist Univ.-Prof. Andreas Pascher, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, überzeugt. 

„Wir haben an unserem Transplantationszentrum bereits über 250 Lebern und Nieren auf diese Weise konserviert. Das macht uns in dieser Hinsicht zu einem der führenden Transplantationszentren mit nachhaltig guten Ergebnissen.“ 

Für Annalena Neubert bedeutete die zweite Lebertransplantation jedenfalls einen Start in ein besseres Leben: Während der gesamten Aufenthalte am UKM hielt sie tapfer ihr Grundschullehramtsstudium durch. Jetzt wird sie bald ihr Referendariat antreten. Chirurg Houben freut sich über die guten Perspektiven: „Frau Neubert hat in der ganzen Zeit niemals ihren Lebensmut verloren. Sie wird nach jetzigem Stand zwar ihr Leben lang Medikamente einnehmen müssen, aber sonst sind keine Einschränkungen ihrer Lebensqualität absehbar.“  

Kontakt für Presseanfragen

Anja Wengenroth | UKM-Unternehmenskommunikation

Anja Wengenroth

Pressesprecherin