Barrierefreiheit
Zum Hauptinhalt springen

Wenn den Armen das Blut fehlt – pAVK der oberen Extremitäten häufig schlecht versorgt

Schmerzen und Missempfindungen in den Armen können ein Zeichen für die „periphere arterielle Verschlusskrankheit“, kurz pAVK, sein, die unter dem Begriff „Schaufensterkrankheit“ vor allem als Problem der Beine bekannt ist. Eher selten – und daher noch relativ unerforscht und in der Breite schlecht versorgt – ist die Symptomatik im Bereich der oberen Extremitäten, wie sie bei der Borkenerin Iris Noack aufgetreten ist. Ihr konnte in der Angiologie der Klinik für Kardiologie I am UKM geholfen werden. Dort hat sich zudem Dr. Lena Makowski im Rahmen einer großen Studie mit den noch vielen offenen Fragen rund um diesen Typ der pAVK befasst. | lwi

Als „Schaufensterkrankheit“ ist die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) schon längst bekannt. Wegen gravierender Gefäßverengungen schmerzen den Betroffenen die Beine mitunter so stark, dass sie – daher der Name – regelmäßig vor beispielsweise Schaufenstern pausieren müssen. Dass die Krankheit in seltenen Fällen auch die oberen Extremitäten betreffen kann, ist hingegen noch weitgehend unerforscht und weniger bekannt. Eine rechtzeitige Diagnose und richtige Versorgung sind aus diesem Grund häufig nicht gegeben – auch, weil die Erkrankung für die Betroffenen (zunächst, und vor allem bei Frauen) asymptomatisch verläuft.

Nur etwa fünfzehn Patientinnen und Patienten werden aktuell jährlich wegen einer pAVK der oberen Extremitäten am UKM behandelt. Eine von ihnen ist Iris Noack, 63 Jahre alt und Altenpflegerin. Erstmalig bemerkte sie vor über 20 Jahren erste Beschwerden in den Beinen, vor etwa zehn Jahren hatte sich die Symptomatik so weit verschlechtert, dass sie Stents bekam, die die Bein-Arterien dauerhaft weiten. Noch im selben Jahr folgten ein Herzinfarkt und dann die ersten Beschwerden in ihrem linken Arm: 

„Zuerst tat er nur ein bisschen weh, der Schmerz strahlte von der Schulter runter bis in die Finger“, 

erzählt die Borkenerin. „Dann kamen ein Druckgefühl und Taubheit in den Fingern dazu, die Schmerzen wurden stärker. Irgendwann konnte ich nicht mehr auf dem Arm liegen und auch kein Buch mehr damit halten.“

Dr. Lena Makowski, Mitarbeiterin der „Sektion Angiologie“ innerhalb der „Klinik für Kardiologie I: Koronale Herzkrankheit, Herzinsuffizienz und Angiologie“ am UKM, beschäftigt sich intensiv mit der pAVK der oberen Extremitäten. Im Rahmen einer groß angelegten Studie, über die gerade im renommierten „European Heart Journal“ berichtet wird, versucht sie, die Diskrepanz in der Diagnostik und Versorgungen von unterer zu oberer pAVK zu ergründen. Makowskis Studie soll helfen, mehr Licht ins Dunkel zu bringen und „hypothesegenerierende Daten“ zu finden, auf deren Basis dann die bestmöglichen Behandlungspfade für die seltene Ausprägung der pAVK gefunden werden können.

Nicht alle erhalten rechtzeitige Hilfe wie Iris Noack. „Betroffene mit pAVK der oberen Extremitäten sind häufig unterversorgt. Das hat auch damit zu tun, dass eine entsprechende Leitlinie für die Behandlung fehlt“, sagt Makowski. Die Folge: Eine höhere Sterblichkeitsrate und häufigere Amputationen. Diese nämlich würden vielerorts viel zu früh erfolgen, sagt Sektionsleiter Prof. Nasser Malyar. 

„Nicht alle Behandlungszentren verfügen wie das UKM über vielfältige Behandlungsmöglichkeiten oder die Expertise von mehreren notwendigen Fachdisziplinen.“ 

Soweit ist es bei Iris Noack glücklicherweise nicht gekommen: Bei einem minimalinvasiven Kathetereingriff wurde zunächst versucht, ihre verengte Arterie in der Schulter mit Hilfe eines Ballons zu weiten (dieser ist mit Medikamenten beschichtet, die die Gefäße weiten und offenhalten sollen). Noch im Eingriff hat sich dann aber gezeigt, dass das Aufdehnen allein nicht ausreicht, um den normalen Blutfluss wiederherzustellen, so dass letztlich auch hier ein Stent gesetzt wurde. Weil die Arterienverkalkung im Grunde auf einen Entzündungsprozess zurückzuführen ist, setzen sich diese Stents häufig wieder zu, erläutert Malyar. „Hier ist der Stent aber nach neun Jahren noch offen. Das ist eher selten, aber ein gutes Zeichen, dass er auch weiterhin offen bleibt.“

Iris Noack ist nach ihren Eingriffen inzwischen beschwerdefrei. Das Rauchen hat sie längst aufgegeben, stellt es doch einen Risikofaktor für eine Arteriosklerose, also Ablagerungen in den Arterien, dar. Aber auch entzündlich-rheumatische Erkrankungen der Gefäße, Bluthochdruck, Übergewicht, familiäre Vorbelastungen oder Diabetes sind Risikofaktoren für eine pAVK. „Bei derart Betroffenen sind dann häufig auch weitere Gefäßregionen betroffen und es handelt sich letztlich um Hochrisikopatienten“, sagt Makowski.

Umso wichtiger, dass auch einfache Hinweise auf eine mögliche Erkrankung (der Puls ist an einer Seite des Arms schlechter tastbar, oder der Blutdruck unterscheidet sich bei einer Messung an beiden Armen um mehr als 20 bis 30 mmHG) frühzeitig erkannt und auch weitgehend asymptomatische Patientinnen und Patienten rechtzeitig versorgt werden. Häufig reichen dann Blutverdünner und cholesterinsenkende Medikamente für eine Behandlung aus; und auf einen interventionellen Eingriff kann verzichtet werden.

Kontakt für Presseanfragen

UKM Unternehmenskommunikation | Lukas Wiedau

Lukas Wiedau

Online & Presse