Durchbruch bei der Behandlung von Lipödem: Operation für alle Betroffenen bald Kassenleistung
Es ist für Patientinnen mit einem Lipödem eine erleichternde Nachricht: Der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat den Weg dafür freigemacht, dass die sogenannte Lipsuktion, also das operative Absaugen der bei dieser Erkrankung veränderten Fettzellen, für alle Patientinnen eine Regelleistung der Krankenkassen werden soll. Bisher mussten die meisten die Kosten der Operation selbst tragen. Für Prof. Tobias Hirsch, Direktor der Klinik für Plastische Chirurgie am UKM und im Vorstand der LipödemGesellschaft e.V., ist die Entscheidung ein Meilenstein auf dem Weg zu einer besseren Gesundheitsversorgung von Frauen. | aw
Die Entscheidung des G-BA fiel am Donnerstag (17.07.2025), nachdem der Ausschuss eine positive Nutzenbewertung der Lipsuktion für alle betroffenen Frauen veröffentlicht hatte und somit die künftige Aufnahme in den Regelleistungskatalog der Kassen initiiert hat. Zugrunde liegt der Empfehlung die vom G-BA in Auftrag gegebene, multi-zentrische LIPLEG-Studie, deren Ergebnisse nun zu der Entscheidung geführt haben.
Prof. Tobias Hirsch, Direktor der Plastischen Chirurgie am UKM (Universitätsklinikum Münster), Chefarzt für Plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie an der Fachklinik Hornheide und Vorstand der LipödemGesellschaft e.V., sieht den jahrelangen Einsatz seiner Kolleginnen und Kollegen zum Wohle ihrer Patientinnen endlich am Ziel:
„Wir kämpfen seit zehn Jahren dafür, dass die Kosten übernommen werden. Damals war die wissenschaftliche Evidenzlage, also der Nachweis, dass diese Operationen erfolgreich sind, nicht groß genug. Jetzt liegen die ersten Kurzzeitdaten der LIPLEG-Studie vor und die waren so gut, dass der G-BA den Beschluss jetzt durchführen konnte.“
Beim Lipödem leiden die Patientinnen unter einer Fettverteilungsstörung, die mit starken Schmerzen zumeist der Beine und seltener auch der Arme einhergeht. Die Medizin teilt die Erkrankung in drei Stadien ein, wobei Schmerzen als Leitsymptom in allen drei Stadien auftreten können.
„Die Stadieneinteilung richtet sich rein nach der Fettverteilung. Wir wissen aber, dass die Schmerzempfindung unabhängig von der Fettverteilungsstörung ist. Das heißt, eine Patientin in Stadium I kann mitunter sogar stärkere Schmerzen haben, als eine Patientin in Stadium III. Die operative Versorgung dient vor allem dazu, diese Schmerzen zu reduzieren und ist kein Schönheitsgriff“, so Hirsch.
Die Krankenkassen trugen bisher nur bei einem diagnostizierten Stadium III des Lipödems die Kosten für eine Lipsuktion. Die Anerkennung bis dahin war für Betroffene mühselig und nicht immer von Erfolg gekrönt. Bei starkem Leidensdruck zahlten viele der betroffenen Patientinnen die Operationen, die mehrfach nötig sind, selbst.
Die Umsetzung des G-BA-Beschlusses soll möglichst zu Januar 2026 erfolgen. Allerdings müssen Kliniken für die künftige Kostenübernahme durch die Kassen auch Qualitätsrichtlinien erfüllen: So gibt es beispielsweise Vorgaben, welche Erfahrungen der Operateur haben muss, wer die Diagnose und Indikation stellen darf und ob vorausgegangene konservative Therapien erfolglos durchlaufen wurden. Hirsch dazu: „Selbstverständlich müssen Anamnese und Diagnose weiter qualitätsbasiert sein, ebenso wie die Indikation zur Operation und der Eingriff selbst. Das screenen wir und schauen, ob die jeweilige Patientin für die Lipsuktion infrage kommt“.
Der Plastische Chirurg rechnet infolge des Beschlusses nun mit vielen Patientinnen, die sich Hilfe suchen wollen, aber dabei bisher auf überschaubar viele Qualitätszentren für den Eingriff treffen: „Es gibt nur wenige Kliniken, die die Zulassung haben. Wir kämpfen aber dafür, nachdem wir diesen großen Schritt geschafft haben, dass auch das gut funktioniert.“
Prof. Tobias Hirsch war im vergangenen Mai zu Gast im UKM-Podcast „Risiko & Nebenwirkung“. Dort ordnet der Experte in der Folge „Diagnose Lipödem – Zwischen Symptom und Stigma“ die Erfahrungen der Lipödem-Patientin Anna-Lena ein, die an der LIPLEG-Studie als Probandin teilgenommen hat und die sich erfolgreich einer Lipsuktion unterzogen hat. Der Podcast ist auf allen gängigen Plattformen abrufbar.
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Anja Wengenroth
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