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Greta (6) hat Rheuma – „Es war ein sehr langer Weg bis zur Diagnose“

Greta ist für ihre sechs Jahre ein eher zartes Mädchen und – wenn man sich mit ihr noch nie unterhalten hat, könnte man sie sogar jünger schätzen. Aber Greta ist klug und was ihre Erkrankung angeht, da weiß sie sowieso viel mehr, als man in ihrem Alter wissen sollte. Greta hat eine systemische entzündliche Muskelerkrankung, die zum rheumatischen Formenkreis gehört. Erste Symptome zeigten sich bei ihr mit drei Jahren – bis zur endgültigen Diagnose vergingen fast zwei Jahre. | aw
 

Als Greta im Januar letzten Jahres in die Ambulanz der Pädiatrischen Rheumatologie und Immunologie am UKM (Universitätsklinikum Münster) kam, hatte sie mit ihren Eltern bereits eine monatelange Odyssee durch verschiedene Arztpraxen hinter sich. „Neurodermitis stand als Diagnose im Raum, aber für uns war klar, dass es etwas Ernsteres sein musste“, erinnert sich Gretas Vater, Konstantin Volk. Die Haut seiner Tochter hatte sich entzündet, war rot, rissig und blutete sogar – zeitweise konnte Greta kaum noch laufen und musste getragen werden. Hinzu kamen Schmerzen im Körper, die sie nicht richtig beschreiben konnte. 

„Was wir damals nicht wussten: Jede Bewegung war für sie anstrengend, weil ihre Muskelkraft und Beweglichkeit langsam nachließen“, so Volk. 

Oberarzt Dr. Claas Hinze machte bei Gretas erstem Besuch in der Ambulanz einen Ultraschall von Gretas Beinen – und blickte angesichts der Gesamtsituation sehr besorgt. „Zu sehen waren stark entzündete Muskelstränge und auch das Unterhautfettgewebe war betroffen“, erklärt er. Eine Blutuntersuchung und eine Magnetresonanztomographie sicherte den ersten Verdacht ab: Greta leidet an einer systemischen entzündlichen Muskelerkrankung, dem sogenannten Myositis-Overlap-Syndrom. Die Autoimmunerkrankung aus dem rheumatischen Spektrum kann neben Muskelentzündungen auch andere Organe des Körpers betreffen, zum Beispiel die Haut oder – wie es bei Greta auch der Fall ist – die Lunge „Die Diagnose war drastisch, aber sie war auch eine Erleichterung“, sagt Konstantin Volk rückblickend. „Endlich hatten wir eine Erklärung. Unsere selbstbewusste und fröhliche älteste Tochter war zu einem in sich gekehrten Kind geworden, sie konnte uns ihre Beschwerden gar nicht verständlich machen. Zu sehen, dass es ihr schlecht geht, aber nicht zu wissen, was ihr fehlt, war tatsächlich sehr schlimm.“

Das Myositis-Overlap-Syndrom gilt als ultra-selten – nur eins von dreihundert- bis vierhunderttausend Kindern ist betroffen. 

„Vielen Kinderärztinnen und Kinderärzte begegnet eine solche Erkrankung in ihrer gesamten Laufbahn nicht ein einziges Mal“, weiß Hinze. 

Leidenswege wie den von Greta sieht er daher öfter. Für eine wirksame Therapie musste sich der Kinderrheuma-Experte erst ein wenig herantasten: Um die multiplen Entzündungen im Körper zu bekämpfen, wurde zunächst hochdosiertes Kortison gegeben. Eine Behandlung mit Immunglobulinen schloss sich an. Weil auch das die Entzündungen nicht vollständig zum Abklingen brachte, entschloss sich Oberarzt Hinze zu einer sogenannten Off-Label-Therapie, einer Behandlung außerhalb der zugelassenen Indikation mit dem Januskinase-Inhibitor Xeljanz® (Wirkstoff Tofacitinib). „Für die Behandlung rheumatischer Erkrankungen bei Kindern sind ohnehin nur wenige Medikamente verfügbar, für das Myositis-Overlap-Syndrom allerdings gar keines“, begründet der Mediziner. Auf Antrag gestattet schließlich die Krankenkasse Gretas Behandlung mit dem Medikament, dessen Wirksamkeit für dieses Krankheitsbild bereits belegt war.

Inzwischen hat Greta vieles aufgeholt, was sie in der langen Krankheitsphase verpasst hat. Zur Kontrolle ans UKM kommt sie jetzt nur noch alle drei Monate. Physiotherapie, um ihre Muskelkraft zu trainieren, macht sie jede Woche. Und auch wenn sie weiterhin in ihrer Beweglichkeit und Leistungsfähigkeit etwas schwächer ist als Gleichaltrige, hat sie ihre ganz eigenen Stärken, ist wach und neugierig. Perspektivisch ist es sogar möglich, dass ihre Erkrankung vollständig zurückgedrängt wird. „Wir haben noch ein bisschen Therapiezeit vor uns, aber die ist in den meisten Fällen nicht lebenslang“, beschreibt Hinze das weitere Vorgehen. Eine engmaschige Überwachung der Symptome sei wichtig, um im Falle eines Wiederaufflammens der Entzündungen eingreifen zu können. „Aber das“, so Konstantin Volk, „ist sicher kein Vergleich zu dem schwierigen Weg, den meine Tochter hinter sich hat.“ 

Kontakt für Presseanfragen

Anja Wengenroth | UKM-Unternehmenskommunikation

Anja Wengenroth

Pressesprecherin