UKM eröffnet interdisziplinäres Zentrum für die gesundheitliche Versorgung von trans*Personen
Das Verständnis von Geschlechtervielfalt befindet sich im Wandel und die Zahl von trans*Personen, die medizinische Behandlung zur Unterstützung einer geschlechtlichen Transition aufsuchen, steigt. Gleichzeitig haben trans*Frauen und trans*Männer sehr individuelle Bedürfnisse und Anforderungen an die Behandlung der von ihnen empfundenen Geschlechtsinkongruenz. Mit dem Ziel, trans*Personen eine ganzheitliche, lebensbegleitende Versorgung zu ermöglichen, geht jetzt am UKM (Universitätsklinikum Münster) Deutschlands erstes interdisziplinäres Kompetenzzentrum Center for Transgender Health an den Start.
„Mein Kind ist unglücklich über sein Geschlecht“ oder „Ich fühle mich im falschen Körper“ – Äußerungen wie diese machen den Leidensdruck von Menschen, deren angeborenes Geschlecht nicht mit dem von ihnen empfundenen Geschlecht übereinstimmen, deutlich. Mit dem Center für Transgender Health (CTH) bietet nun erstmals in Deutschland ein universitäres Zentrum diesen Menschen eine integrierte medizinische Behandlung. „Durch die Bündelung und Vernetzung aller an der Behandlung von trans*Personen beteiligten medizinischen Disziplinen, sollen Versorgung und Forschung in der trans*Gesundheit entscheidend vorangebracht werden“, sagt Univ.-Prof. Georg Romer, erster Sprecher des CTH. Gleichzeitig vertritt er als Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie mit seinem Team behandlerisch den psychosozialen Schwerpunkt der Transition. „Im Kindes- und Jugendalter sind Gefühle der Verunsicherung im Hinblick auf die geschlechtliche Identität nicht selten und können auch vorübergehend sein. Ist jedoch der Wunsch nach Behandlung einer Geschlechtsdysphorie, also dem Leiden am angeborenen Geschlecht, vorhanden, tritt er oft schon in früher Jugend auf“, so Romer. Es sei wichtig, Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern in dieser frühen Phase psychiatrisch beratend eng und ergebnisoffen zu begleiten. „Erst wenn in unserer Spezialambulanz der finale Entschluss einer Geschlechtstransition geäußert wird, kommen die weiteren Disziplinen des Kompetenzzentrums ins Spiel.“
Der interdisziplinäre Ansatz ist für trans*Personen auf dem gesamten Weg der Transition von Bedeutung. „Das CTH bietet ein ganzheitliches und lebenslanges Konzept vom Wunsch nach Transition über die psychosoziale Beratung, Hormonbehandlung, Stimmtherapie bis hin zum chirurgischen Eingriff der geschlechtsangleichenden Operation. Auf Wunsch werden trans*Personen auch hinsichtlich des Erhalts der Möglichkeit einer späteren Elternschaft beraten“, erklärt Romer. „All das liegt integriert in den Händen eines interdisziplinär arbeitenden Expert*innen-Teams, das untereinander vernetzt ist und sich im ständigen Austausch befindet.“
Das Behandlungskonzept des CTH beruht auf den drei Säulen der psychosozialen, konservativen und operativen Versorgung von trans*Personen. Neben Romer als Sprecher sind die konservativen, bzw. operativen medizinischen Disziplinen durch Univ.-Prof Katrin Neumann (Direktorin der Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie) und Univ.-Prof. Tobias Hirsch (Chefarzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie an der Fachklinik Hornheide in Münster und Leiter der Plastischen Chirurgie am UKM) als jeweilige Co-Sprecher*innen vertreten. Sowohl die psycho-soziale, konservative als auch die operative Säule subsumieren die weiteren auf dem Weg zur Transition notwendigen Fachbereiche.
Das interdisziplinäre Kompetenzzentrum will mit seiner Arbeit zur Ent-Pathologisierung und Entstigmatisierung von trans*Personen beitragen. Die beteiligten Kliniken haben bereits seit Jahren in Spezialsprechstunden Erfahrungen bei der Beratung und Behandlung von trans*Personen gesammelt. Bereits jetzt ist das UKM ein etabliertes führendes Zentrum für interdisziplinäre Versorgung im Bereich Transgender Health im Jugend- und Erwachsenenalter. So hat allein die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und psychotherapie seit 2013 rund 400 jugendliche Patient*innen bei der Transition begleitet. „Unser Ziel ist es, europaweit eines der führenden universitären Zentren für die umfassende Versorgung von trans*Personen zu werden“, bekräftigt Zentrumssprecher Romer. „Unser Alleinstellungsmerkmal der ineinandergreifenden Interdisziplinarität legt einen weiteren Ausbau der Versorgungsmöglichkeiten von trans*Personen am Standort Münster nahe.“