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Unsere ZNAvengers Initiative

Mit vereinten Kräften haben wir in den letzten Jahren die Notfallversorgung von nicht-traumatologischen Patient*innen in unserer Notaufnahme überdacht und viele eingefahrene Prozesse hinterfragt und neu strukturiert. Dies ist eine fortlaufende Initiative, die stetig wächst und unsere Arbeit verbessert und bereichert. Mit der Benennung der einzelnen Projekte nach MARVEL-Superhelden möchten wir die Bedeutung von schnellen, präzisen Entscheidungen und effektiver Teamarbeit in der Notaufnahme hervorheben.

Um das Thema auch wissenschaftlich fundiert voranzubringen, arbeiten wir eng mit der DGINA (Deutsche Gesellschaft für Notfall- und Akutmedizin) zusammen. Prof. Philipp Kümpers, Leiter unserer interdisziplinären Notaufnahme, engagiert sich seit dem Jahr 2018 aktiv in der AG Schockraum der DGINA. Ziel der AG ist es, ein nationales Versorgungskonzept auch für nicht traumatologisch kritisch kranke Patient*innen zu etablieren.

Die aktuellen Empfehlungen der AG Schockraum unter Leitung von Prof. Michael Bernhard und Prof. Bernhard Kumle und das im Jahr 2022 veröffentlichte Weißbuch „Versorgung kritisch kranker, nicht-traumatologischer Patienten im Schockraum" können hier nachgelesen werden.

Wie alles begann...

Es war im Jahr 2018, als wir begannen, ein eigenes strukturiertes Behandlungsprotokoll und objektive Alarmierungskriterien für die Versorgung im nicht-traumatologischen Schockraum zu entwickeln. Wir wollten in Zukunft objektiv, schnell und sinnvoll entscheiden können, ob ein Patient oder eine Patientin die Versorgung im Schockraum benötigt und gegebenenfalls einen entsprechenden Alarm für das Behandlungsteam auslösen.

Im letzten Schritt suchten wir nach einprägsamen Akronymen, mit denen wir die kritischen Notfälle im Team ankündigen können, ohne die anwesenden Patient*innen zu beunruhigen. Die Idee zu den Superhelden-Abkürzungen war geboren.

Hintergrund

Für traumatologische Patient*innen waren die Alarmierungskriterien und -wege schon lange etabliert und bei Ankunft im Traumazentrum stand bereits ein komplettes Team zur Übernahme und Erstversorgung im Schockraum bereit. Denn der Ablauf der Schockraumversorgung von Traumapatient*innen ist in Deutschland seit über 20 Jahren etabliert und erfolgt nach einer nationalen S3-Leitlinie.

Im Gegensatz zu diesem strukturierten Vorgehen wurden bislang z.B. ältere Patient*innen mit einer kombinierten B- und D-Problematik regelmäßig als „AZ-Verschlechterung“ in unsere Notaufnahme eingeliefert, ohne dass zuvor eine kritische Erkrankung erkannt oder kommuniziert wurde. Dies ist dramatisch, da davon auszugehen ist, dass in Deutschland etwa viermal so viele nicht-traumatologische Patient*innen mit einer doppelt so hohen Krankenhaussterblichkeit im Vergleich zu Traumapatient*innen versorgt werden müssen (Quelle).

Fazit

Die Initiative wurde von unseren Mitarbeitenden sehr gut aufgenommen und die Behandlungsprotokolle haben die Zusammenarbeit im Team deutlich verbessert.

Wir haben noch viele weitere Ideen für zukunftsweisende Projekte, die die Notfallversorgung hoffentlich ein Stück weit verbessern werden. Fortsetzung folgt…

Versorgungsprotokolle

IRON MAN Protokoll

(Interdisciplinary resuscitation room management in acutely ill nontraumatic patients)

Das IRON MAN Protokoll strukturiert unsere Abläufe bei der Versorgung von Patient*innen im non-trauma Schockraum – von der Voranmeldung bis zur Festlegung des endgültigen Vorgehens. Im Wesentlichen handelt es sich um eine Checkliste, deren Punkte je nach Versorgungssituation nacheinander abgearbeitet werden. Darin ist zum Beispiel festgelegt, in welcher Reihenfolge die Untersuchung abläuft, welche Notfallmaßnahmen Vorrang haben und wie die anschließende Diagnostik durchgeführt wird. Gleichzeitig ermöglicht es eine schnelle Dokumentation.

Black Widow Protokoll

(Bypassing the ER for fast-lane CT scan with intubated patient & doctor from anesthesia or without)

Aufbauend auf dem Erfolg des IRON MAN-Protokolls haben wir ein Protokoll für die Versorgung von intubierten Patient*innen entwickelt, die einer Notfalldiagnostik zugeführt werden müssen. Häufig handelt es sich dabei um Schlaganfallpatient*innen, die bereits präklinisch intubiert wurden und sofort eine CT-Untersuchung benötigen. Durch die Einführung des Black Widow Protokolls konnten wir unsere Prozesszeiten und die Arbeitszufriedenheit der beteiligten Kolleg*innen deutlich verbessern.

V2iSiOn-Kriterien

Als objektive Alarmierungskriterien für den Einsatz des IRON MAN-Protokolls wurden die V2iSiOn-Kriterien (Rovas, Kümpers et al.) festgelegt. Trifft einer der folgenden Punkte zu, wird IRON MAN ausgelöst: Vasopressortherapie durch Rettungsdienst, Beatmung durch Rettungsdienst, RRsys < 90 mmHg, initialer SpO2 < 90 % und GCS < 15 Punkte. Weitere Information zur V2iSiOn-Regel erhalten Sie hier.

Seit Mai 2022 nutzt auch der Rettungsdienst der Stadt Münster die V2iSiOn-Kriterien zur Kategorisierung aller Patient*innen. Um eine stringente und effiziente Meldekultur zu unterstützen, werden seitdem nur noch Patient*innen der Kategorie „ROT“ telefonisch in den Notaufnahmen des Stadtgebietes vorangemeldet. Die Kategorie ROT wird dabei durch die Tracerdiagnosen Trauma, Schlaganfall, STEMI oder ≥ 1 V2iSiOn-Kriterium definiert. Alle anderen Patient*innen werden einer angemeldeten Klinik ausschließlich digital vorangemeldet. Dadurch konnte das Telefonaufkommen beim Rettungsdienst und in der Notaufnahme deutlich reduziert werden. Eine Befragung des Rettungsdienstpersonals der Stadt Münster bestätigte die positiven Auswirkungen dieser Vorgehensweise.

THOR Protokoll

(Transportation of high-risk patients with own team to radiology or intervention)

Last but not least wurde das THOR-Protokoll eingeführt, um die Prozesszeiten für nicht-intubierte Patient*innen, die eine Notfallbildgebung oder -intervention benötigen, zu verbessern. Nach Ankündigung durch den Rettungsdienst wird das Protokoll aktiviert und notwendige Vorbereitungen wie Teamzusammenstellung, Bereitstellung des Transportmaterials, Vorankündigung am Zielort etc. werden bereits vor Eintreffen der Patient*innen getroffen.

Einblicke in unsere Notaufnahme – Marvel-Helden als Lebensretter

Weitere Infos finden Sie in dieser Pressemitteilung.

Team-Training

IRON MAN Day

Am IRON MAN Day erfolgt ein spezielles Training der ärztlichen und pflegerischen Mitarbeiter*innen anhand verschiedener Simulationsfälle im UKM-Trainingszentrum. Hierbei wird die Schockraumversorgung nach dem IRON MAN Protokoll an praxisnahen Fällen im Team trainiert.

Black Widow Day

Am Black Widow Day trainieren wir im UKM-Trainingszentrum den innerklinische Transport von beatmeten Patient*innen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Atemwegsmanagement und der Zusammenarbeit im interdisziplinären Team.

ANT-MAN Micro Teaching

(Akut- und Notfallmedizinisches Training am Mankin)

Zweimal wöchentlich findet ein interprofessionelles Kurztraining (ca. 30 Minuten) in den Räumlichkeiten der Notaufnahme statt. Bei diesem Akut- und Notfallmedizinischen Training am Mankin werden unter erfahrener Anleitung wichtige Fertigkeiten wie Atemwegsmanagement, Kardioversion, Defibrillation etc. trainiert.

Aus- und Weiterbildung

ZNAvengers Rookie-Ausbildungsprogramm

Aus- und Weiterbildung wird bei uns großgeschrieben. Neue pflegerische und ärztliche Kolleg*innen werden nach strukturierten Einarbeitungskonzepten eingearbeitet. Auf unserer eigenen E-Learning-Plattform haben wir zudem viele Schulungsvideos hinterlegt. Deren Nutzung ist verpflichtend. So können organisatorische und theoretische Inhalte zu Beginn des Einsatzes in der Notaufnahme vermittelt und bei Interesse jederzeit individuell wiederholt werden. Medizinstudierende im Praktischen Jahr sind zudem fest in das Team integriert und können während ihres Einsatzes in der Notaufnahme ihre praktischen Fertigkeiten verbessern.

Vorlesung ANT-MAN & VASP für Medizinstudierende im 10. Semester

(Akut- und Notfallmedizinisches Management mit Virtual Reality Simulationspatient*innen)
Ab dem Wintersemester 2023/24 wird die beliebte Vorlesungsreihe „Notfallmedizin“, für die Prof. Kümpers 2019 von den Studierenden zum Dozenten des Jahres an der Medizinischen Fakultät Münster gewählt wurde, erstmals um ein Virtual-Reality-Praktikum erweitert. Hier können die Studierenden mit Hilfe von Virtual Reality wichtige notfallmedizinische Erfahrungen sammeln.