Wenn die Stimme versagt – Wie Phonochirurgie Sprechstimmen retten kann
Wir setzen sie jeden Tag ein und sind uns ihrer Bedeutung erst dann bewusst, wenn sie nicht mehr mitmacht: Die Stimme ist ein zentraler Teil der eigenen Identität. Für Menschen, die Probleme mit der Stimmbildung haben, erhalten an der Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie am UKM in einer Spezialsprechstunde gezielte Unterstützung. Je nach Diagnose und Schwere der stimmlichen Einschränkungen kann ein operativer Eingriff helfen. Die Möglichkeiten der Phonochirurgie sind vielen dabei noch unbekannt. | aw
Fotos (UKM/Ibrahim): Patientin Margret Eckrodt ist nach dem phonochirurgischen Eingriff wieder gut bei Stimme, kommt aber noch regelmäßig in die Sprechstunde von Dr. Philipp Mathmann in der Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie am UKM.
Dass Margret Eckrodt (82) überhaupt Patientin der Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie am UKM (Universitätsklinikum Münster) wurde, ist die Folge einer Bronchoskopie im Sommer 2023. Diese reizte nachhaltig den Rekurrenznerv, der die Stimmbildung maßgeblich steuert. Die Folge: eine einseitige Stimmlippenlähmung (Parese), d.h. der Schluss der beiden Stimmlippen war nicht mehr möglich. „Nach der Operation krächzte ich regelrecht und das Sprechen war extrem anstrengend. Ich habe meine eigene Stimme nicht mehr wiedererkannt“, so die Ochtruperin. Als die extreme Heiserkeit nicht nachließ, wurde Eckrodt von ihrem behandelnden HNO-Arzt direkt in die Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie überwiesen, wo Dr. Philipp Mathmann als stellvertretender Klinikdirektor die phonochirurgische Sprechstunde der Klinik leitet. „Die Menschen kommen mit Stimmproblemen ganz unterschiedlicher Ursache zu uns“, erklärt er.
„Oft ist die Stimme, wie bei Frau Eckrodt, als Folge einer Operation oder eines anderen Traumas beeinträchtigt, vielfach liegen aber auch Schlaganfälle, Bandscheibenvorfälle oder Knoten in der Schilddrüse zugrunde. Manchmal findet sich auch gar keine erkennbar medizinische Ursache.“
Der Leidensdruck, nicht mehr über die vertraute eigene Stimme zu verfügen, sei im Alltag erheblich, so Mathmann.
Bei einer Stimmlippenparese kann sich der Nerv teilweise innerhalb des ersten Jahres nach der auslösenden Ursache von selbst wieder erholen, daher wurde die Patientin zunächst mit einem „Filler“ behandelt, der in die gelähmte Stimmlippe gespritzt wurde, um den Stimmlippenschluss zu verbessern. Als diese Behandlung erfolglos blieb entschied sich Eckrodt für einen operativen Eingriff – zu sehr fremdelte sie mit der eigenen angestrengten Stimme. Sie habe sich regelrecht überwinden müssen, zu sprechen – vor allem gegenüber Fremden, erinnert sie sich. „Das ist nicht selten“, erklärt Mathmann. „Die Stimme ist schließlich auch ein wichtiger Schlüssel zur sozialen Teilhabe.“
Die Operation selbst führte der auch an der Berliner Charité ausgebildete Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie am Marienhospital in Osnabrück durch, mit dem die Klinik für Phoniatrie des UKM seit etwa zwei Jahren erfolgreich kooperiert. Patientin Margret Eckrodt erhielt eine Laryngoplastik, also eine sogenannte doppelte Medialisierung der gelähmten Stimmlippe. Dabei wurde die Stimmlippenposition auch durch das „Zur-Mitte-Drehen“ des Stellknorpels (Aryrotation) optimiert.
„Was sich nach einem großen Eingriff anhört, ist am Ende weniger risikoreich als eine Mandeloperation“, so Mathmann.
Zwar kann es wie bei jeder Operation auch hier Komplikationen geben, diese seien aber sehr selten. Die Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie des UKM ist NRW-weit übrigens die einzige Klinik, die diesen hochspezialisierten Eingriff anbietet. Die spezielle phoniatrische Chirurgie (kurz „Phonochirurgie“) verfügt – je nach Art und Ausprägung der Stimmstörung – über ein breites Spektrum an Behandlungsverfahren zur Stimmverbesserung.
Seit dem Eingriff erhielt Margret Eckrodt noch eine Weile begleitend Logopädie, um den Umgang mit der neuen Stimme weiter zu verbessern. Ihre Stimme klingt inzwischen deutlich besser, der digitale „Vorher-nachher-Vergleich“ zeigt den Unterschied eindrücklich. Auch wenn ihre Stimme noch nicht exakt wieder wie früher klingt, ist die 82-Jährige sehr zufrieden. „Mit einem derartigen OP-Erfolg hatte ich ehrlicherweise nicht gerechnet, umso mehr freue ich mich darüber“, sagt sie.
Phonochirurgische Sprechstunde der Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie
Mo.–Do.: 09.00–12.00 Uhr und 13.00–15.30 Uhr
+49 251 83-56871
+49 251 83-56889
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