Barrierefreiheit
Zum Hauptinhalt springen

+++ ANFAHRT & PARKEN | Ab 3. November: Baumaßnahmen der Stadtnetze Münster rund um die Waldeyerstraße | Umleitung zum Parkhaus Zahnklinik | Mehr Infos +++

Wo Trauer einen Platz findet: UKM begleitet Familien verstorbener Kinder am Candle Lighting Day

Ein Tag, an dem Kerzen Geschichten erzählen: Seit mehr als zwei Jahrzehnten treffen sich am UKM Familien und Mitarbeitende, um am Worldwide Candle Lighting Day ihrer verstorbenen Kinder zu gedenken. Die Veranstaltung schafft Raum, der im Alltag oft fehlt – für Trauer und Nähe, für ein gemeinsames Weitertragen von Erinnerungen und auch für schöne Momente. | lwi

An jedem zweiten Sonntag im Dezember brennen weltweit Kerzen für verstorbene Kinder. Kerzen, die ins Fenster gestellt werden und ein Licht in das Dunkel bringen – von Haus zu Haus, Stadt zu Stadt, Land zu Land und von Zeitzone zu Zeitzone. „So kann man den Worldwide Candle Lighting Day wie einen symbolischen Lichterkranz verstehen, der einmal um die Welt leuchtet“, sagt Mirjam Barbotin. Sie arbeitet seit 1996 als Kinderkrankenpflegerin in der pädiatrischen Onkologie am UKM und hat vor fast 25 Jahren eine Gedenkfeier für Angehörige verstorbener Kinder an der Uniklinik initiiert, die seither jährlich am weltweiten Candle Lighting Day stattfindet.

Gemeinsam mit drei Kolleginnen schrieb sie im Jahr 2001 insgesamt 40 Familien an, die in den drei zurückliegenden Jahren ihr Kind an eine Krebserkrankung verloren hatten. 20 von ihnen sagten zu und kamen 2002 zur ersten Gedenkfeier, die damals noch in der Klinik-Kirche stattgefunden hat und mit einem Kaffeetrinken im Franz-Hitze-Haus ausklang. Heute findet die gesamte Veranstaltung im Hotel Mövenpick statt – mit bis zu 250 Teilnehmende pro Jahr.

„Die Veranstaltung ist sehr emotional“

Während der konfessionslos gestalteten Feier werden Bilder der Kinder und Jugendlichen aufgestellt, Gedichte vorgetragen, Bilderbuch-Geschichten für die Geschwister vorgelesen und – natürlich – Kerzen entzündet. Mit dem Entflammen der Kerzen werden die Namen der verstorbenen Kinder vorgetragen. 

„Die Veranstaltung ist sehr emotional“, sagt Barbotin. 

„Für viele Familien ist es ein wichtiger Schritt auf dem langen Weg ihrer Trauer. Besonders Familien von außerhalb, die über viele Monate täglich zum UKM gekommen sind, verspüren oft das Bedürfnis noch einmal herzukommen, wissen aber nicht, wo sie anknüpfen sollen. Mit der Gedenkfeier haben sie dann eine Verbindung gefunden und eine Möglichkeit, mit anderen Menschen gemeinsam zu trauern. Das ist für viele Betroffene von großer Bedeutung.“

Einige der Teilnehmenden kommen Jahr für Jahr, teils gemeinsam mit Großeltern oder Geschwisterkindern. Barbotin berichtet von einer Familie, die sie besonders bewegt hat: „Die erwachsenen Geschwister eines verstorbenen Jungen haben später selbst Kinder bekommen und diese zur Gedenkfeier mitgebracht – für ihren Onkel, der seine Nichten und Neffen nie kennenlernen konnte. Das hat mich tief beeindruckt.“

Für viele Familien sind die Treffen ein wichtiger Anker, der ihnen Platz für ihre Trauer ermöglicht. 

„Im Alltag gibt es oft zu wenig Raum für das verstorbene Kind“, weiß Barbotin. 

Gerade in der Adventszeit, wenn die Familie einerseits im Mittelpunkt steht, andererseits aber Hektik im Berufsleben oder der Weihnachtsvorbereitung dominiert, bietet der Tag einen geschützten Raum der Erinnerung. „Das nehmen die Familien unglaublich dankbar an.“

Gedenkfeier auch für Klinik-Personal wichtig

Die Gedenkfeier bietet allerdings nicht ausschließlich den Familien Raum für Abschied. Auch die Mitarbeitenden der Kinderonkologie können an diesem Tag inne halten von der Unruhe und dem schnellen Treiben in der Klinik. Hier haben auch Ärzte, Pflegekräfte, Sozialarbeiterinnen und Lehrerinnen und Lehrer die Möglichkeit sich noch einmal von den Kindern zu verabschieden, ergänzt Barbotin. „Das ist ein wesentlicher Teil unserer Arbeit, der einigen Mitarbeiterinnen sehr am Herzen liegt.“

Trotz aller Trauer gibt es dann immer auch berührende, schöne Momente. 

„Wenn Geschwisterkinder während der Gedenkfeier vorne auf dem Teppich liegen, um den Geschichten zu lauschen oder an den Bildern ihrer verstorbenen Geschwister entlanggehen, ist das für viele Eltern ein Zeichen, dass das Leben weitergeht“, erzählt Barbotin. 

Die positiven Rückmeldungen der Eltern, mit den Treffen etwas Sinnvolles geschaffen zu haben, geben ihr Kraft für den emotional herausfordernden Berufsalltag. „Ich habe Wege gefunden, mit der Situation umzugehen, in dem ich mir Zeit schaffe, um wieder aufzutanken: mit viel Ruhe, Gartenarbeit und mit meiner eigenen Familie. Die Sicht auf das Leben hat sich durch diese besondere Arbeit allerdings sehr verändert. Positive Momente und gute Erfahrungen werden vielleicht deutlicher wahrgenommen und kommen in meine kleine Erinnerungsschatzkiste der guten Momente.“ 
 

Beispiel für eines der im Text erwähnten Gedichte:

"Windhauch"

von Mirjam Barbotin

Zarter Windhauch
deine Nähe,
ich kann sie spüren,
es ist nur eine Ahnung.

Wütender Sturm,
Abschied von dir,
ich fühle
die Wellen von Schmerz.

Ruhiger Atemzug,
von dir.
ich nehme ihn wahr,
in meiner Erinnerung.

Atemlos
liegst du bei mir.
ich spüre,
Sturm wird langsam
zu Windhauch.

Zarter Windhauch,
ich spüre
deine Nähe.
und
lasse dich gehen.

Kontakt für Presseanfragen